Ihr Keller - Das unbekannte Wesen

Bei Neubauten hat das Untergeschoss mit sinkenden Beliebtheitsgraden zu kämpfen. Dabei ist der Keller eine äußerst wichtige Etage.


Online seit: 23.01.2018 | Themenbereich: Innenausbau
Ihr Keller - Das unbekannte Wesen

Untergeschosse sind dunkle Feuchträume, die ihr Geld nicht wert sind? Das stimmt nicht, der Keller ist ein Tausendsassa.


Ob man ihn nun Keller, Untergeschoss oder Souterrain nennt: Der Raum, der sich unterhalb eines Hauses und somit zumindest teilweise unterhalb des Erdniveaus befindet, gehörte in früheren Tagen fest zur Planung. Heute indes sind die Zahlen rückläufig, die Gründe dafür hauptsächlich Geld: Ein Keller trägt, so die Grob-Rechnung, zu rund 15 Prozent der Gesamtbaukosten bei – je nach Untergrundbeschaffenheit.

Und angesichts der in ganz Österreich steigenden Baulandpreise spart man sich diese Summen verständlicherweise gerne. Doch der folgende Artikel will entgegen dem Trend die Lanze für den Keller brechen.

1. Die Ersparnis ist gar nicht so groß

15 Prozent Ersparnis, viel Geld. Würde das Haus 200.000 Euro kosten, wären das satte 30.000 Euro. Allerdings ist diese Rechnung, die viele Bauherren aufmachen, eine echte Milchmädchenrechnung. Denn tatsächlich spart ein kellerloses Haus nur bestenfalls die Hälfte dieser Summe ein. Denn ob mit oder ohne Keller, es muss in beiden Fällen der Bagger rollen, muss eine Bodenplatte gegossen werden.

Auch wenn es nach viel Arbeit und Materialeinsatz aussieht, aber die Wände des Kellers, seine Decke usw. sind nicht wirklich so teuer, wie man es glauben könnte.  Ohne Keller hat man zwar hundert Prozent weniger Keller-Stauraum, aber nur 50 Prozent Kostenersparnis. Und da wird die Rechnung schon weniger vorteilhaft.



Gebaggert werden muss auch ohne Keller. Tatsächlich ist die Ersparnis im Vergleich zur Nutzraum-Reduktion sehr gering.


2. Im Keller ist es gar nicht dunkel

Nein, mit diesem Argument ist keine verankerte Furcht von Hausbesitzern gemeint, sondern der Glaube, dass ein Keller praktisch ausschließlich auf künstliches Licht angewiesen wäre. In der Realität sieht es so aus, dass dem nicht so ist, denn es gibt drei Optionen, eine Menge Licht ins Souterrain zu bringen:

  • Variante 1 funktioniert zwar nur bei Häusern in Hanglage, sorgt aber dafür, dass der Keller, zumindest hangabwärts, auf Bodenniveau liegt – inklusive normaler Türen und Fenster

  • Variante 2 ist der nicht vollständig im Erdboden versenkte Keller, bei dem ebenfalls „normale“ Fenster unterhalb der Decke installiert werden

  • Variante 3 sind Lichtschächte für vollständig unter Erdniveau liegende Keller. Kombiniert man diese nach oben mit einer passenden Abdeckung, bekommt man nur unwesentlich weniger Licht als bei Variante 2, hat aber einen überlegenen Einbruchschutz

 

Zudem gibt es natürlich auch noch Methoden, die zum Lichtmultiplikator werden – ohne Strom. Das können Glastüren zwischen den Kellerräumen ebenso sein wie helle Wandfarben oder (falls die Statik es gestattet) Durchbrüche. Zudem: Installiert man LEDs und bedenkt, dass man den Keller nur als Lagerraum benötigt, kommt es auf den Strom kaum noch an.


3. Der Keller ist ein Raumwunder

Kosten sind zwar der Hauptgrund, warum viele auf den Keller verzichten, ein weiterer ist jedoch unsere veränderte Lebensweise. Wir neigen dazu, weniger anzusammeln, öfter auszumisten. Schnell glaubt man dann, auf den Stauraum unter dem Haus verzichten zu können. Stimmt allerdings in der Realität nicht.

Es beginnt mit der Tatsache, dass Grundstücke ob der steigenden Kosten generell kleiner werden. Damit wird der Keller zu einer willkommenen Erweiterung des Gesamtwohnraums. Tatsächlich sind es, auf die Gesamtwohnfläche gerechnet, knapp 40 Prozent an zusätzlicher Fläche, die man durch den Keller gewinnt.

Zudem zeigt die Erfahrung: Praktisch kein Hausbesitzer, der sich für ein kellerloses Gebäude entschieden hat, kommt dauerhaft ohne dessen zusätzliche Fläche aus. Viele suchen sich Ausgleich. Sei es durch Garagen, Gartenhäuser oder sogar das Anmieten externer Stauräume. Will man sich wirklich diesen nachträglichen Ärger machen? Denn auf den Keller zu verzichten ist eine endgültige Entscheidung, die nicht mehr nachträglich korrigiert werden kann.


Selbst der älteste, unbeheizte Keller ist immer noch bestens dazu geeignet, um darin Lebensmittelvorräte unterzubringen.


4. Der alte Keller taugt zu nichts

Bei sanierten Altbauten kommt oft noch eine weitere Tatsache hinzu: der Glaube, dass der Keller, vielleicht in Gewölbebauweise errichtet und sogar ohne einen „richtigen“ Boden, zu gar nichts zu gebrauchen wäre. Auch das ist falsch.

  • Selbst der feuchteste Keller kann (und sollte) mit entsprechenden Maßnahmen trockengelegt werden.

  • Eine Dämmung der Kellerinnen- oder Außenwände und der Decke ist auch beim ältesten Keller fast problemlos machbar.

  • Der unbeheizte Altkeller ist vielleicht kein zusätzlicher Wohnraum, aber, sofern er trocken und gut gelüftet ist, der wirklich ideale Stauraum für sämtliche Lebensmittel, Getränke und ferner auch Sport- und Freizeitausrüstung. Denn selbst bei scharfen Außen-Minustemperaturen wird es in solchen Kellern kaum zu Frost kommen.


Kommt noch hinzu, dass der alte Keller auch die ideale Lagerstätte für Pellets ist und somit einer immer beliebter werdenden Heizungsbauform. Denn: Pellets verströmen bei der Lagerung Gase. Im luftigen Altbaukeller sind die natürlich kein Problem.  


5. Der Keller hält das Haus Chaos-frei

Die Waschmaschine in den Hauswirtschaftsraum neben der Küche, die Gastherme der Zentralheizung auf den Dachboden. Es gibt viele Möglichkeiten, den Keller zu umgehen. Doch bei den meisten hat das „chaotische Nebenwirkungen“:

  • Mit einem Partytraum im Keller kann man unbeschwert feiern, stört die Nachbarn weniger und kann aufräumen, wenn einem der Sinn danach steht – feiert man im Wohnzimmer, muss man spätestens am nächsten Tag ran.

  • Der kleine Hauswirtschaftsraum zwingt einen dazu, die Wäsche durch den Trockner zu jagen oder im Freien aufzuhängen. Im Keller hängt sie auch bei schlechtem Wetter gut.

  • Im Keller kann man auch größere Dinge problemlos auch für längere Zeit zwischenlagern, bevor man sie weiterverwendet (Stichwort Möbel-Neuanschaffung).

  • Ein ausgebauter Keller kann für Teenager zur ersten eigenen Wohnung werden, ohne dass sie das Elternhaus verlassen müssen.
    Und dann darf man noch bedenken, dass das Untergeschoss es einem durch die Fläche ermöglicht, monatlich wenige geldsparende Großeinkäufe zu tätigen, statt vieler kleiner Einkäufe.

 

Fazit

Wer am Keller spart, der spart in den allermeisten Fällen am absolut falschen Ende. Auch wenn man sich vielleicht jetzt noch keine passende Nutzung vorstellen kann; irgendwann kommt es. Und dann ist man heilfroh, dass man einfach nur noch dieses unterirdische Reich erschließen muss – statt ein Gartenhaus zu kaufen oder der Garage ein teures Obergeschoss zu spendieren.


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